5G – Interessensgegensätze zwischen Industrie und Gesundheit

Die Forschungs- und Faktenlage erfordert die Anwendung des Vorsorgeprinzips. Der rennomierte Epidemiologe Prof. John William Frank, der am Usher Institute der Universität von Edinburgh lehrt, kommt zu dem Schluss, dass 5G nicht eingeführt werden darf.

Der rennomierte Epidemiologe Prof. John William Frank, der am Usher Institute der Universität von Edinburgh lehrt, publizierte ein Essay mit dem Titel «Electromagnetic fields, 5G and health: what about the precautionary principle?» in der Januar-Ausgabe 2021 des Journal of Epidemiology and Community Health. Darin stellt er die Kontroverse über die Studienlage dar und die Verflechtungen von Politik, Industrie und offiziellen Gremien wie der ICNIRP. Er kommt zu dem Schluss, dass 5G nicht eingeführt werden darf.

Elektromagnetische Felder 5G und Gesundheit

Erstveröffentlichung unter diagnose:funk.

In Anbetracht der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit gibt es für 5G keinen zwingenden Einsatzgrund.

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«Über den Artikel von Prof. J. William Frank berichteten die englischen Leitmedien Daily Mail,der Independent, das Online Magazin Medical-News und der ORF. Die Aussagen der im folgenden übersetzten Auszüge aus dem Artikel Electromagnetic fields, 5G and health: what about the precautionary principle? (Link zum Original Open Access) sind im Originaltext mit Quellen belegt.

In der Zusammenfassung des Artikels heisst es:

«Die neuen Telekommunikationssysteme der fünften Generation (5G), die jetzt weltweit eingeführt werden, sind Gegenstand einer heftigen Kontroverse geworden. Einige Gesundheitsschutzbehörden und ihre wissenschaftlichen Beratungsgremien sind zu dem Schluss gekommen, dass es keine schlüssigen wissenschaftlichen Beweise für Schäden gibt. Mehrere neuere Untersuchungen unabhängiger Wissenschaftler deuten jedoch darauf hin, dass in dieser Frage erhebliche Unsicherheiten bestehen, wobei sich aktuell Hinweise auf potenziell schädliche biologische Wirkungen durch die Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (RF-EMF) ergeben, in einem Ausmass, wie es die 5G-Einführung mit sich bringen wird. Dieser Aufsatz identifiziert vier relevante Quellen wissenschaftlicher Unsicherheit und Besorgnis:

  • Unklarheit darüber, welche Technik genau in 5G enthalten ist;
  • eine schnell wachsende Menge von Laborstudien, die schädliche in vitro- und in vivo-Effekte von RF-EMFs dokumentiert. Aber in dieser Menge an Studien gibt es noch viele Lücken.
  • bis jetzt fehlen fast völlig qualitativ hochwertige epidemiologische Studien über schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit durch 5G-EMF-Exposition im Speziellen, dagegen gibt es aktuell epidemiologische Beweise für solche Auswirkungen durch frühere Generationen von HF-EMF-Exposition;
  • hartnäckige Behauptungen, dass einige nationale Regulierungsbehörden für Telekommunikation ihre HF-EMF-Sicherheitsrichtlinien nicht auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, was mit nicht bewältigten Interessenkonflikten zusammenhängt.

Der Autor, ein erfahrener Epidemiologe, kommt zu dem Schluss, dass man die wachsenden gesundheitlichen Bedenken über RF-EMFs nicht abtun kann, insbesondere in einer Zeit, in der aufgrund der räumlich dichten Sendeanlagen, die 5G-Systeme erfordern, auf breiter Front höhere Expositionswerte für die Bevölkerung auftreten werden. Auf der Grundlage des Vorsorgeprinzips schliesst sich der Autor den Forderungen anderer nach einem Moratorium für die weitere weltweite Einführung von 5G-Systemen an, bis schlüssigere Untersuchungen zu deren Sicherheit vorliegen.»

Die aktuelle Kontroverse spiegelt Interessensgegensätze zwischen Industrie und Gesundheit wider

«Internationale Gesundheitsschutzbehörden und ihre wissenschaftlichen beratenden Gremien haben in den letzten zehn Jahren mehrere Übersichtsarbeiten von unterschiedlicher wissenschaftlicher Qualität über die Forschungsergebnisse über mögliche schädliche biologische und gesundheitliche Auswirkungen von RF-EMFs veröffentlicht. Diese Übersichten – von Health Protection England, der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), einem Expertenausschuss der Europäischen Union (EU) und der Internationalen Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlenschutz (ICNIRP) – warnen nicht vor solchen Effekten, mit einer Ausnahme: Die IARC ist in dieser Hinsicht eine Ausnahme, da sie 2011 feststellte, dass EMF möglicherweise krebserregend für den Menschen sind. Inzwischen haben unabhängige Strahlungs- und und Gesundheitswissenschaftler ernsthafte Bedenken über den aktuellen Ausbau von 5G-Übertragungssystemen veröffentlicht. Ihre Argumentation ist zweifach:

  • Diese Systeme haben ein noch nie dagewesenes Potenzial zur Erzeugung menschlicher und nicht-menschlicher RF-EMF Expositionen, die um Größenordnungen intensiver sind als bisher (z.B. in Bezug auf die Leistungsflussdichte;
  • Es gibt einen bemerkenswerten Mangel an Beweisen für die Sicherheit von 5G-spezifischen EMF-Emissionen, aber eine wachsende Zahl von Forschungsergebnissen, die auf Schädigungen durch andere RF-EMF Expositionen hinweisen, die schon viel länger untersucht werden.

Darüber hinaus fordert eine wachsende Zahl von Ingenieuren, Wissenschaftlern und Ärzten international die Regierungen dazu auf, ihre Sicherheitsstandards für RF-EMFs zu erhöhen, mehr und bessere Forschung in Auftrag zu geben und die Exposition der Bevölkerung nicht weiter zu erhöhen, bis klarere Beweise für die Sicherheit vorliegen.

Einige Politiker haben zugehört: Frankreich, Israel, Zypern und Russland haben WLAN in Vorschulen verboten und seine Nutzung in Grundschulen eingeschränkt. Belgien hat den Verkauf von Handys an Kinder unter sieben Jahren verboten. Als Reaktion auf solche Bedenken haben mehrere Städte kürzlich die Installation von 5G-Antennenanlagen blockiert: Brüssel, Florenz, Rom, sowie Glastonbury, Frome und Totnes in Großbritannien. Es gibt weit verbreitete Anti-5G Kampagnen in Australien, Nordamerika und anderswo.»

Die Forschung hängt der technologischen Entwicklung hinterher

«Die Literatur, die es gibt, identifiziert bemerkenswert heterogene biologische Effekte über Hunderte zu solchen spezifischen RF-EMF Expositionsszenarien. Darüber hinaus besagt eine umfassende kanadische Übersichtsarbeit mit gleicher Evidenz, dass einige der neuen RF-EMF Technologien – wie z.B. mit neuen Innovationen zur «Pulsation», «Polarisation» und «Modulation» – so neu sind, dass die biologische Wissenschaft noch nicht in der Lage war, damit Schritt zu halten – das heisst, es gibt noch keine Studien über die biologischen Auswirkungen dieser neuen Technologien.

Untersuchungen dokumentieren eine wachsende Zahl von Belegen, dass HF-EMF Expositionen Effekte auf Körperfunktionen haben, auf die reproduktiven / teratogenen, onkologischen, neuropsychiatrischen, die Haut-, Augen- und immunologischen Systeme. Darüber hinaus gibt es viele grundlegende Effekte auf subzellulärer Ebene, in Bezug auf Oxidation, DNA-Veränderung, Genexpression und bakterielle Antibiotikaresistenz. Besonders bemerkenswert ist eine Studie aus Israel aus dem Jahr 2018 über die Fähigkeit der Schweisskanäle in der menschlichen Haut, als «spiralförmige Antennen» zu fungieren, die für 5G-Frequenzen von RF-EMF empfänglich sind. Wenn die Schweisskanäle diesen RF-EMFs ausgesetzt sind, kommt es zu systemischen Fernwirkungen durch die Fähigkeit der Haut, Hormone und andere Signale an den gesamten Körper zu senden.

Kanadas ranghöchster Krebsepidemiologe, Miller und sein Team haben letztes Jahr die epidemiologischen Beweise beim Menschen zusammengefasst, u.a. über Wirkungen auf menschliche Brust- und Gehirntumoren, zu männlichen Reproduktionsergebnissen und neurologischen Entwicklungsstörungen bei Kindern, die aus der Nutzung vergangener Generationen von RF-EMF Expositionen resultieren. Anzumerken ist, dass sich diese Beweise noch nicht auf die Exposition gegenüber den hohen Funkfrequenzen der 5G-Generation beziehen. Diese Systeme sind zu neu, um umfassend untersucht worden zu sein, insbesondere mit qualitativ hochwertigsten epidemiologischen Studiendesigns zum Nachweis der Kausalität: mit prospektiven Kohortenstudien. Solche Studien erfordern typischerweise eine jahrzehntelange Nachbeobachtung, um verzögerte gesundheitliche Gesundheitseffekte, wie bei den meisten Krebsarten, zu entdecken. Miller et al. finden zwingende Beweise für die Karzinogenese, insbesondere im Gehirn und im Hörnerv, sowie in der Brust, durch starke RF-EMF Exposition bei früheren Generationen von Mobiltelefon-Übertragungen.»

Bericht im englischen Independent

 

Die ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) ist eine industrienahe Organisation

«Die ICNIRP ist seit langem einflussreich in der EMF-Regulierung: Ihre wissenschaftlichen Empfehlungen an die WHO wurden erstmals 1998 herausgegeben, 2009 aktualisiert und im März 2020 erneut überarbeitet und aktualisiert. Hardell weist darauf hin, dass die Voreingenommenheit der ICNIRP dadurch erklärt werden kann, dass sie weiterhin nur Studien über der thermische (durch Wärme erzeugte) Wirkungen von RF-EMFs in biologischem Gewebe berücksichtigt. Diese Studien würden ein zu günstiges Bild der RF-EMF Sicherheit zeichnen. Dieser enge ICNIRP-Fokus steht im Widerspruch zu den veröffentlichten Berichten unabhängiger Wissenschaftler, die zwingende Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte zitieren für nicht-thermische schädliche Effekte von RF-EMFs, die verschiedene subzelluläre Funktionen von Mensch und Tier beeinflussen, im Gewebe und den Organsystemen.

Im Detail, in fast anwaltlich anmutenden Veröffentlichungen, dokumentiert Hardell akribisch den 20-jährigen beharrlichen Widerstand der ICNIRP gegen Kritik anderer Wissenschaftler, dass die wissenschaftliche Basis für ihre Empfehlungen veraltet und verengt ist, was ihre Richtlinien zur «sicheren» RF-EMF Exposition unsicher macht. Der vernichtendste Beweis, der von Hardell angeführt wird, ist eine Tabelle mit der Kreuzbestellungen (gegenseitige personelle Verflechtungen, d:f) von sechs Mitgliedern der WHO-Monographiegruppe, über fünf grosse internationale Beratungsgremien zu gesundheitlichen Auswirkungen von nicht-ionisierender Strahlung. Hardell beschreibt auch die starken persönlichen Verbindungen dieser Wissenschaftler zur Telekommunikationsindustrie, eine Situation, die sich wahrscheinlich aus der Tatsache ergibt, dass die ICNIRP selbst eine private Organisation (Nichtregierungsorganisation Organisation; NGO) mit Sitz in Deutschland ist. Neue Expertenmitglieder können nur von Mitgliedern der ICNIRP gewählt werden.»

Hardell kontrastiert die Berichte der ICNIRP mit den Veröffentlichungen der BioInitiative 2012, einer Gruppe von fast 30 internationalen Experten auf diesem Gebiet, deren Arbeit nicht nur völlig unabhängig von solchen «Eigeninteressen», sondern auch völlig transparent ist. Die aktuelle Version (März 2020) der BioInitiative 2012-Website bietet detaillierte Beschreibungen von 988 von Experten begutachteten wissenschaftlichen Studien zu möglichen gesundheitlichen und biologischen Auswirkungen von EMFs, aus von RF und ähnlichen nicht-ionisierenden Quellen. Die überwiegende Mehrheit (84,6%) dieser 988 Studien dokumentiert störende biologische Wirkungen von solchen EMF, fast alle über nicht-thermische Pfade.»

Berichterstattung im ORF

Bis wir mehr darüber wissen, was wir uns aus gesundheitlicher und ökologischer Sicht einhandeln, müssen die vermeintlichen Gewinne warten.

Der Verein «Wald Digital»

Die Medienmitteilung zur Gründungsversammlung vom 31. Augutst 2019 in voller Länge.

Eine Abgrenzung und Schlussfolgerungen

«Nach Durchsicht der oben zitierten Beweise ist der Autor, ein erfahrener Arzt und Epidemiologe, überzeugt, dass RF-EMFs durchaus ernsthafte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben können. Es gibt auch zunehmend wissenschaftliche Beweise für RF-EMF Effekte sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren. Diese wurden diese aus Platzgründen und wegen der disziplinären Grenzen des Autors hier nicht behandelt.

Daraus folgt, dass es für die aktuelle 5G-Einführung eine solide Grundlage für die Berufung auf das «Vorsorgeprinzip» gibt. Nach diesem müssen die erheblichen Zweifel an der Sicherheit einer neuen und potenziell weit verbreiteten Exposition des Menschen ein Grund sein, ein Moratorium für diese Exposition auszusprechen, bis angemessene wissenschaftliche Untersuchungen der vermuteten gesundheitsschädlichen Wirkungen vorliegen . Kurz gesagt, man sollte «auf der Seite der Vorsicht sein».

In Anbetracht der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit gibt es für 5G-Übertragungssystemen keinen zwingenden Grund für deren Einsatz. Bis wir mehr darüber wissen, was wir uns aus gesundheitlicher und ökologischer Sicht einhandeln, müssen die vermeintlichen Gewinne warten.»

Übersetzung: diagnose:funk, es gilt der englische Originaltext.